Verfasser: Walter Ludwig
Der im Jahr 1857 geborene William Fife wuchs in eine Schiffbautradition hinein, der sich schon sein Großvater verpflichtet fühlte. 1814 hatte dieser entschieden, dass er nicht Dampfschiffe - was sich nach dem Erfolg des Schleppers Industry angeboten hätte - sondern weiterhin Segelyachten bauen wollte. Doch diese sollten auch einem besonderen Anspruch genügen, sie sollten ".. fast and bonnie" also "… schnell und schön" sein. Dies wurde für fast 1 ½ Jahrhunderte Markenzeichen aller Fife-Yachten.
Im Alter von 14 Jahren trat William als Lehrling in den Betrieb seines Vaters ein, um in den nächsten Jahren das Handwerk des Yachtbauers zu erlernen. Dabei erhielt er nicht nur eine rein handwerkliche Ausbildung sondern wurde auch mit den Konstruktionsmethoden seiner Zeit vertraut gemacht. Großvater und Vater zeichneten ihre Konstruktionen schon seit 1817 während viele andere Bootsbauer noch mit Halbmodellen arbeiteten.
Um sein technisches Wissen und seine Kenntnisse zu erweitern arbeitete William Fife von 1878 bis 1881 in der Schiffswerft Fullerton & Co. of Paisley im Konstruktionsbüro und machte sich dort auch mit dem Stahlbau von Schiffen vertraut. Auf Bitten des Marquis von Ailsa führte er von 1881 an dessen Werft in Culzean Yachts & Steam Launch Works.
1876 zeichnete William Fife mit der Clio seinen ersten eigenen Entwurf, der von seinem Onkel Alan erfolgreich bei Regatten - fünf erste und zwei zweite Preise in elf Rennen - auf dem Clyde eingesetzt wurde. Auf Bitten seines Vaters kehrte er 1886 in die Familienwerft zurück und übernahm mehr und mehr die Führung des Unternehmens. Wenn William Fife auch mit den modernsten Konstruktionsmethoden vertraut war, so vertraute er doch auf sein Gefühl und sein Auge. William Fife war mehr Künstler als Ingenieur und arbeitete nach dem Leitspruch "What looks right is right". So schuf er Yachten mit feinen, eleganten Linien, die dennoch sehr haltbar und vor allem seetüchtig waren.
Für seinen großen Förderer, den Marquis von Ailsa entwarf und baute William Fife 1885 seinen ersten großen Schoner, die Black Pearl. Weitere Schoner folgten und stellten immer wieder große Herausforderungen für Designer und Werft dar. Anfang des 20ten Jahrhunderts zeichnete William Fife mit Cicely eine Yacht, die die Essenz des großen Rennschoners darstellt. Unvergleichlich in ihren feinen Linien war sie auch sehr erfolgreich. Sie gewann unter anderem die Jubilee Challange Trophy, die ein Mitglied des KYC gestiftet hatte, zweimal nacheinander und durfte somit den Pokal - ein silbernes Modell der kaiserlichen Yacht Hohenzollern - endgültig behalten. Im Jahr 1904 folgte dann mit Sus(z)anne ein weiterer wunderschöner Schoner, der für den Berliner Industriellen Oskar Huldschinsky gebaut wurde. Auch dieser Entwurf, kleiner als Cicely und deshalb in der Regattaszene liebevoll Little Suzanne genannt, folgte den Fife-typischen Linien und war für seine Größe sehr schnell. Im Regattajahre 1908 konnte Susanne in 15 Rennen 11 Siege erringen.
Doch nicht nur Erfolge waren den Schonern beschieden, auch der größte Misserfolg war eine Yacht von diesem Bautyp. Cecil Whitacker hatte Cicely besessen und 1909 einen großen Rennschoner bei Fife bestellt. Waterwitch sollte ein Desaster werden, den 1910 gebaut und im Mai dieses Jahren zu Wasser gelassen, konnte sie in der Rennsaison keinen einzigen Erfolg verbuchen. Hier hatte das Auge von William Fife versagt und die Magie seiner früheren Entwürfe konnte nicht wirken. Auch Änderungen an Rumpf und Rigg brachten keine Besserung und so wurde Waterwitch auf Anweisung von Whitacker nach nur 15 Monaten abgebrochen.
Sein Spätwerk krönte William Fife 1931 dann wieder mit einem unvergleichlichen Schiff. Altair, entworfen als Epigone der großen Rennschoner der Vorkriegszeit, stellt einen zeitlosen Entwurf eines Tourenschoners dar, der weder vorher noch später jemals an Eleganz und Perfektion übertroffen wurde. Das war jedoch nicht von Anbeginn so. Es wird berichtet, dass Altair nachdem sie zu Wasser gelassen wurde nicht horizontal im Wasser lag. Archie McMillan, der für das Rigg zuständige Vorarbeiter trimmte sie jedoch bei ein paar Probeschlägen optimal aus. Auch der Topmast war für die Halterung zu dick und musste im Durchmesser angepasst werden. Fife soll darüber erbost gewesen sein und gesagt haben "… this will ruin me."
Kraftvoll doch zierlich mit ihren feinen Linien, oldfashioned aber timeless beautyfull segelt Altair nach einer perfekten Restauration noch heute und zeugt vom Zauber, der von allen Fife-Schiffen ausgeht.
Berühmt wurde Fife aber durch seine Rennyachten. Schon sein erster Entwurf Clio war unter seinem Onkel Allan sehr erfolgreich. Die 1889 entworfene Rennyacht Dragon war in ihrer ersten Saison so erfolgreich, dass Fife beschloss, den Drachen als Bugzier für alle auf seiner Werft gebauten Schiffe zu verwenden. Seine Entwürfe standen für Schnelligkeit und Eleganz, aber auch für Langlebigkeit und Haltbarkeit, vor allem waren sie aber absolut seetüchtig.
Thomas Lipton ließ sich 1898 seinen ersten Americas-Cup Herausforderer, die Shamrock von Fife zeichnen. Sie blieb wie alle Herausforderungen vor ihr und viele nach ihr erfolglos. Doch Lipton gab so schnell nicht auf und nachdem Watson die Shamrock II gezeichnet hatte erhielt William Fife 1902 erneut den Auftrag eine Yacht für den Americas-Cup zu entwerfen. Die dritte Shamrock war eine schöne, große und schnelle Slup. Ihr Rumpf war aus Bronzeplatten, das Deck aus Aluminium. Sie wurde von der von Nat Herreshoff entworfenen noch größeren und schnelleren Reliance geschlagen. Doch wieder war die Geschichte des Americas-Cup um eine Anekdote reicher. Lipton soll gesagt haben, wenn seine schöne Shamrock von solch einem hässlichen Schiff wie der Reliance geschlagen werde, dann wolle er lieber die hässlichste Yacht des Americas-Cups haben (die Nicholson ihm mit der letztlich ebenfalls erfolglosen - auch ‚Ugly Duck' genannten - Shamrock IV entwarf).
Mehr Erfolg war Fife mit den Yachten beschieden, die nach der 1907 in Kraft getretenen International Rule entworfen wurden. Die 23mR-Yachten White Heather II und Shamrock lieferten sich spannende Regatten und in der 15mR-Klasse zeichnete Fife fast die Hälfte der Flotte. Yachten wie Hispania und Tuiga kämpften gegen- und miteinander um Ruhm und Erfolg und The Lady Anne war das einzige Boot, dass der extremen Istria von Nicholson Paroli bieten konnte.
Die größten Erfolge verzeichneten aber die Fife-Yachten in den kleinen Klassen. Sie waren so dominierend, das Charles Nicholson die 6mR- und 8mR-Klassen auch als Fife-Klassen bezeichnete.
Vor dem ersten Weltkrieg waren es vor allem die 8mR-Yachten wie Sorais oder Lucky Girl, die Fife's Ruhm in dieser kleinen Klasse begründeten. Auch die Goldmedaillie im olympischen Segelwettbewerb des Jahres 1908 wurde von einer Fife-Yacht, der Cobweb errungen.
Nach dem Krieg trat aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse die kleinere und preiswertere 6mR-Klasse stärker in den Vordergrund. Im Jahr 1920 wurde erstmals der British-American-Cup als Mannschaftsmeisterschaft der 6mR-Klasse ausgetragen. Zwei der vier erfolgreichen Yachten waren Entwürfe von William Fife. Auch in den folgenden Jahren stellten Fife-Yachten die Hälfte des Teams und 1927 waren alle vier Yachten in Fairlie vom Stapel gelaufen. Insgesamt entwarf und baute William Fife 62 6mR-Yachten und trug mit den Erfolgen seiner Boote viel zur Popularität dieser Klasse bei.
Nach 1926 nahm die Zahl der 8mR-Yachten wieder zu und fesselte damit das Interesse der Zuschauer. Auch in dieser Klasse besaß Fife eine hohe Reputation und entwarf im Jahr 1928 unter anderem mit der Osborne eine 8mR-Yacht für die spanische Königin.
Colonel Baxendale hatte 1925 am Fastnet-Race teilgenommen und nicht gewonnen. Entschlossen es im folgenden Jahr besser zu machen wandte er sich an William Fife. Der zeichnete und baute mit der Halloween eigentlich nichts anderes als eine hochseetüchtige 15mR-Yacht. Baxendale gewann 1926 mit der Halloween nicht nur das Fastnet-Race, Halloween segelte auch die schnellste Zeit, die auf der Originalstrecke nie wieder unterboten wurde. Halloween stellte damit einmal mehr die absolute Seetüchtigkeit der Yachten aus Fairlie unter Beweis.
In den 30'er Jahren des 20ten Jahrhunderts entwarf und baute Fife exzellente Tourenyachten. War Altair Auftakt und Höhepunkt, so folgten gleichwohl unvergleichliche Yachten wie Fiona, Eileen (jetzt Belle Aventuere) und Latifa. Mit der 1939 gebauten Madrigal (Baunummer 828) endet das Schaffen von William Fife als Designer, der Beginn des zweiten Weltkrieges hatte allen Yachtsportaktivitäten ein Ende gesetzt. Das Baunummernbuch endet mit der Nummer 829 für die von Laurent Gilles entworfenen Flica II. Aber noch im Jahr 1940 wurde eine Yacht nach Skandinavien verkauft. Solway Maid war, wie viele Yachten vor ihr 1937 auf Vorrat gebaut worden und fand in Ivan Carr einen Käufer.
Am 11. August 1942 starb William Fife III und mit ihm eine lange Yachtbautradition. Fife war unverheiratet und kinderlos geblieben und der Neffe Robert Balderson-Fife besaß nicht die künstlerischen, technischen und organisatorischen Fähigkeiten der drei William Fife's. Der Werftbetrieb wurde mit der Wiederherrichtung der aufgelegten Madrigal nach dem Krieg zwar wieder aufgenommen, aber Balderson-Fife konnte nicht wieder an die alten Erfolge anknüpfen. Die Werft wurde verkauft und von Archie McMillan als Fairlie Yacht Slip Ltd. weitergeführt. 1985 kam das endgültige Ende.
Heute kündet nur noch der Straßenname "Fife Yard" und das silberne Modell der Latifa, die als Wetterfahne auf dem Turm der Parish Church ihren Dienst tut, in Fairlie von der großen Zeit, als der Begriff ‚Fife of Fairlie' im Yachtsport ein Qualitätsbegriff war und den Namen dieses kleinen Ortes am Firth of Clyde in alle Welt trug.
Quellen:
- May Fife McCallum:
Fast and Bonnie, A history of William Fife and Son - Yachtbuilder
John Donald Publishers Ltd., Edinburgh - Kristine Lammerting
Meteor - die kaiserlichen Segelyachten
DuMont, Köln - John Leather
William Fife and Son
Classic Boat, Croyden - John Leather
The Big Class Racing Yachts
Stanford Maritime, London - John Millar
The Fifes of Fairlie
Scottish Local History Forum Vol. 30, Edinburgh - Franco Pace
William Fife - Die Kunst des Yachtbaus
Delius Klasing, Bielefeld